Biozideinsatz in Verdunstungskühlanlagen ist in Österreich eine Blackbox
Eine Studie, die von der WUA in Auftrag gegeben wurde, beschäftigt sich mit dem Einsatz von Bioziden in Kühlsystemen: Insbesondere offene Verdunstungskühlanlagen werden häufig von gefährlichen Biofilmen besiedelt, die auch Legionellen oder Pseudomonas-Bakterien enthalten können. Aufgrund des permanenten Kontaktes des Kühlwassers mit der Umgebungsluft können diese mitunter kilometerweit vertragen und nach Inhalation durch Anrainer*innen zu schweren oder sogar tödlichen Lungeninfektionen führen. Solche Fälle sind durch zahlreiche Studien belegt und wurden 2007 auch in Wien von der AGES dokumentiert.

Um Krankheitsausbrüche bestmöglich zu vermeiden, müssen dem Kühlwasser kontinuierlich Biozide zugesetzt werden, deren Rückstände beim sogenannten Prozess der Absalzung in den Kanal entlassen werden. Die eingesetzten Stoffe sind teilweise aber selbst chronisch giftig für die Lunge oder hochallergen. Einige sind stark umweltgiftig, wie die sogenannten Isothiazolinone (CMIT/MIT) oder AOX-bildende Chlor- und Bromverbindungen. Dennoch werden die Konzentrationen einiger, nach den Recherchen häufig eingesetzter Biozide, weder in der Kanalisation, noch vor oder nach Kläranlagen gemessen. Es bleibt somit unklar, ob diese Emissionen für Gewässer oder Kläranlagen schädliche Konzentrationen erreichen.

Standorte potentiell gefährlicher Kühlanlagen großteils unbekannt

Die Standorte von offenen Verdunstungskühlanlagen sind den Behörden in Österreich wahrscheinlich bis zu 90 % unbekannt. Allein in Wien könnten nach Einschätzungen von Expert*innen 750 bis über 1000 solcher Anlagen installiert sein. Da ihre Standorte in keinem Register zusammenlaufen, sind in den meisten Anlagen behördliche Kontrollen, ob die Betreiber ihre Anlagen mikrobiologisch im Griff haben, schwierig.

In Deutschland ist die Situation eine andere: Nach mehreren, durch schlecht gewartete Verdunstungskühlanlagen verursachte Legionellenausbrüche mit Todesfolge, wurde mit der sogenannten 42. BImSchV (42. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) bereits 2017 eine Verordnung erlassen, nach der alle diese Anlagen fristgerecht in ein online-Kataster zu melden waren. Allein im Raum Düsseldorf, wo uns konkrete Zahlen vorliegen, verzwanzigfachte sich durch diese Regelung die Zahl der behördlich bekannten Anlagen. Außerdem sieht die Verordnung vor, dass die Anlagenbetreiber ein Betriebstagebuch zu führen haben, in welchem mikrobiologische Kontrollen und der jeweilige Biozideinsatz dokumentiert sind.

Deutschland als Vorbild

Die Studie zeigt, dass der Bund in Österreich ebenfalls tätig werden und sich im Wesentlichen die deutsche Regelung zum Vorbild nehmen sollte. Eine entsprechende Verordnungsermächtigung könnte beispielsweise ins österreichische Epidemiegesetz, oder ähnlich wie in Deutschland, in das Immissionsschutzgesetz Luft integriert werden. Würde der jeweilige Biozideinsatz gemeinsam mit den Anlagen in ein online-Kataster eingemeldet werden, könnte man zudem einen wesentlich besseren Überblick gewinnen, welche toxischen Biozide hier überwiegend zum Einsatz kommen und konkrete Empfehlungen für Verbesserungen aussprechen.

In Deutschland hat durch die 42. BImSchV auch die Wartung durch professionelle Fremdfirmen zugenommen. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, Wartungen möglichst umwelt- und ressourcenschonend durchzuführen, denn Wartungsverträge können so gestaltet werden, dass der sparsame Einsatz von Bioziden sowohl im Interesse des Betreibers als auch der wartenden Firma ist (Stichwort Chemical Leasing).

Vergleich von Wirkstoffen und Anlagen

Die Studie empfiehlt neben der Behebung baulicher Mängel und der sehr regelmäßigen, chemischen und technischen Wartung dieser Anlagen, vor allem oxidierende Verfahren mit geringer AOX-Bildung. Solche sind etwa die Herstellung von Aktivchlor durch Elektrolyse aus Natriumchlorid vor Ort oder die Verwendung von möglichst reinem Chlordioxid. Für Verfahren, die das umweltfreundliche Wasserstoffperoxid einsetzen oder die mit Monochloramin oder Ozon arbeiten, gibt es in Österreich leider noch wenig Referenzen. Das Beispiel des Vienna Twin Tower, wo eine Ozonisierungsanlage installiert wurde, zeigt jedoch, dass unter den richtigen Rahmenbedingungen sowohl auf den Einsatz von abwasserrelevanten Bioziden als auch auf (meist umweltschädliche) Korrosionsinhibitoren verzichtet werden kann. Die Anlage amortisierte sich durch die große Einsparung an (umweltgiftigen) Chemikalien in zwei bis drei Jahren.

Vom Einsatz der bioziden Wirkstoffe CMIT/MIT, DBNPA und Glutaraldehyd wird in der Studie des Technischen Büros Klade nicht zuletzt aus Gründen des Arbeitnehmer*innenschutzes weitestgehend abgeraten.

Mehr Informationen: 

Studie "Verwendung von Bioziden in Verdunstungskühlanlagen - Vorschläge zur Risikominimierung und Beschaffung", Technisches Büro Klade im Auftrag der WUA, September 2023

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